Ruine Schoenrain
Von Gymnasialprofessor Betz
Als das Benediktinerpriorat auf Schönrain
entstand, erlebte Deutschland eine unruhevolle Zeit, nämlich die Zeit
des sog. Investurstreits, den Kampf zwischen Kaiser und Papst um die
Besetzung der Bischofssitze im Reich. Ausgelöst wurde dieser Streit
durch die Klüniazenser Reformbewegung, die vom Burgundischen Kloster
Cluny ausgehend gegen die Verweltlichung der Kirche ankämpfte und eine
geistige Erneuerung derselben anstrebte. Den Höhepunkt erreichte diese
Auseinandersetzung unter dem Plapst Gregor Vll und dem deutschen König
Heinrich IV., dessen demütigender Gang nach Canossa im Jahre 1077 den
schmerzlichen Tiefpunkt des deutschen Königtums bedeutete.
Deutschland spaltete sich in zwei feindliche Lager. Gregorianisch, d. h.
päpstlich gesinnt waren vor allem der Süden und Norden Deutschlands,
die kaiserliche Partei hatte ihren festen Stand vor allern in Franken.
Hauptsitz war die päpstliche Partei im Kloster Hirsau im Schwarzwald.
Auf dem Hintergrund dieser politischen Situation entstand das Kloster
Schönrain, und zwar schenkten zwischen 1079 und 1084 die thüringischen
kaiserfeindlichen Grafen Ludwig der Springer und Berengar, die selbst
fränkischen Ursprungs waren, dem Abt Wilhelm von Hirsau aus ihrem
Restbesitz am Main den Berg Schönrain zur Gründung eines Klosters und
dotierten es mit einem Gut in Wiesenfeld, zwei Mühlen am Ziegenbachtal
(der Ziegenbach mündet am Fuße des Schönrains in den Main) und
beträchtlichen Waldbesitz.
Schönrain war gedacht als Stützpunkt der päpstlichen Partei im
kaisertreuen Franken und als Brücke zwischen den Gregorianern im Süden
und im Norden. Wie weit es die ihm gestellte Aufgabe erfüllte, sei
dahingestellt. Der Bau des Klosters und vor allem der Kirche zog sich
lange hin, zumal das Mutterkloster Hirsau in dieser Zeit (bis 1091) mit
der Vollendung der dortigen Peter- und Paulskirche beschäftigt war.
Urkundlich zum ersten Mal erwähnt wird Schönrain am 26. Februar 1134.
Damals war die Kirche vollendet. Nach Hirsauer Muster handelte es sich
um eine dreischiffige Säulenbasilika ohne Krypta und Querschiff mit
doppeltürmiger Westfront und einem Turm über der Vierung.
Von den drei Altären war der Hauptaltar dem Kirchenpatron St. Laurentius
geweiht, die beiden Seitenaltäre St. Johannes dem Evangelisten und St.
Maria bzw. St. Nikolaus. Da das Kloster am Mainufer keinen Besitz hatte
und die in den Nachbarorten patorieenden Schönrainer Mönche von den
Bewohnern des hennebergischen Hofes Spurca, den man am Fuße des
Schönrains annimmt, was aber keineswegs sicher ist, vielfach mißhelligt
wurden, vermittelte der Graf Gerhard von Rieneck(dieGrafen waren
vonAnfang anVögte desSchönrainer Klosters) unter der Regierung des
Bischofs Erlongus von Würzburg (1005 – 1122) einen Tausch.
Graf Berthold von Hennburg erhielt zehn Morgen Ackerland in
Eigelmanneswert auf Prozelter Gemarkung und überließ dem Kloster einen
zwei Ruthen (etwa 6 m) breiten Streifen am Main für die Anlegung eines
Weges zur Fähre bei Hofstetten. Als dann im Jahre 1159 das Kloster den
Hof Spurca und Hofstetten gegen andere klösterliche Güter in Wiesenfeld,
Ziegenbach und Massenbuch von dem Grafen Ludwig von Rieneck
eintauschte, hörten die Zwistigkeiten auf.
Inzwischen waren auch die Wogen des Investiturstreits verebbt und das
Priorat Schönrain konnte sich seiner eigentlichen Aufgabe widmen.
Unbehelligt von politischen Strömungen übte es vier Jahrhunderte lang im
Mainbogen zwischen Lohr und Karlstadt eine überaus segenreiche
Tätigkeit aus durch Seelsorge, Rodung und Kultivierung. Zwischen dem
Kloster und den Bewohnern der klostereigenen Dörfer Hofstetten, Ha!sbach
und Massenbuch bestand allezeit ein patriarchalisches Verhältnis. Als
im Jahre 1525 allenthalben in Franken die Bauern sich gegen ihre
Grundherren erhoben, war es in den Schönrainer Dörfern ruhig. Trotzdem
blieb das Kloster nicht ungeschoren, denn der Bildhäuser Haufen unter
der Führung der Münnerstädter Hans Scharr und Hans Schnabel berannten
den Schönrain und legten ihn in Schutt und Asche. Was darüber vielfach
im Volksmund erzählt wird, daß die Nonnen in Fässern, die mit Nägeln
gespickt waren, den steilen Hang zum Main herabgerollt worden sein
sollen, ist reine Erfindung. Schönrain war auch niemals ein
Frauenkloster.
Das Mutterkloster Hirsau sah sich außerstande, das Kloster wieder
aufzubauen. Abt Johannes verkaufte deshalb am 23. 3.1526 die ruinöse
Klostergebäude um 3100 fl. an den Grafen Philipp 111. von Rieneck.
Würzburg, das die Grafen nur ungern im Besitz des Schönrains sah, machte
Schwierigkeiten und versuchte die Schäden des Klosters zu
bagatellisieren. Doch als eine päpstliche Kommission sich von dern
trostlosen Zustand Schönrains überzeugt hatte, gab der Papst am
22.9.1525 seine Zustimmung zum Verkauf. Doch noch mehrere Jahrzehnte
lang sahen von dem Orte, den der berühmte Abt von Sponheim, Johannes
Tritheminus, um die damalige Jahrhundertwende besucht und dessen
anmutige Lage er in seinen Hirsauer Annalen gerühmt hatte,
rauchgeschwärzte Ruinen ins Maintal hinab.
Erst im Jahre 1556 errichtete Graf Philipp auf und vielfach auch mit den
Trümmern der Klosterniederlassung ein rieneckisches Amtshaus im Stile
der Zeit. Dem Grafen war zwar beim Kaufe zur Auflage gemacht worden, die
Klosterkirche zu erneuern und zum Seelenheile der Stifter wöchentlich 3
Messen lesen zu lassen, als aber im Zuge der Reformation das
Mutterkloster Hirsau von Herzog von Württemberg sekularisiert worden war
(1535), fühlte sich der Graf nicht mehr an sein Versprechen gebunden.
Beim Bau des Amtshauses wurden allenthalben Bauteile des ehemaligen
Klosters verwendet. Schachbrettmuster und diamantierte Bogensteine
findet man durch die Ruinen recht oft; sie stammen aus der ehemaligen
Klosterkirche. Aus der Kirche stammt auch eine attische Säulenbasis, die
sich gleich am Eingang zum eigentlichen Klosterbezirk befindet. Ihre
Ausmaße (Säulenplatte 103 cm, Durchmesser des Schaftes 76 cm) geben uns
einen Begriff von der Größe und Wucht der ehemaligen Klosterkirche.
An die Klosterzeit erinnert auch das gegen den Main zu liegende Verlies.
Darin wurden nicht etwa Gefangene eingesperrt, sondern dort büßten
Monche ihre Verstöße gegen die strenge Ordensregel. Auf dem Hochaltar in
Hofstetten befindet sich eine PietaG-ruppe aus der Schönrainer
Klosterkirche; dasselbe gilt für einen Tympanon (Türbogenschild) über
dem Eingang der 1702 erbauten Pfarrkirche von Massenbuch.
An den Erbauer des Amtshauses erinnern die Wappen am Eingang zum
Treppenturm, namlich das rieneckische Wappen (5 goldene Streifen in
rotem Feld) und das der Grafin zugehörige Wappen (3 silberne Sterne im
blauen Feld) Margarete von Erbach. Graf Fhilipp überlebte den Bau des
Amtshauses nur um 3 Jahre (gest. 1559). Mit ihm erlosch sein Geschlecht.
Seine Ruhestätte fand er in der Pfarrkirche zu Lohr; denn Lohr war
ehedem der Grafen von Rieneck eigene Stadt. Schönrain verblieb vorerst
mit den dazugehörigen Dörfern Als Widdum Margarete von Erbach. Dort
lebte sie noch 15 Jahre, in den Dörfern der Umgebung als gütige Frau und
Helferin in vielen Nöten hochgeehrt. Ihr Grab befindet sich ebenfalls
in der Lohrer Pfarrkirche.
Nach ihrem Tode erbte Anton von Ysenburg, der mit einer Nichte des
Grafen Philipp verheiratet war, das Amt Schönrain mit dem Mainzoll bei
Hofstetten. Als im Jahre 1601 diese Linie der Ysenburger ausstarb und
Schönrain an eine Seitenlinie kommen sollte, erhob Würzburg Einspruch
und erklärte das Amt Schönrain für heimgefallen. Auf Befehl Julius
Echters besetzten Gemündener Bürger den Schönrain und zwangen den
bereits aufgezogenen Ysenburger wieder zum Abzug.
Seit dem Jahre 1601 also ist Schönrain Würzburger Amtssitz, bis dieser
im 18. Jahrhundert nach Gemünden verlegt wurde. Das Würzburgische Amt
Schönrain verwaltete ein Keller. An einen von diesen erinnert eine
Grabplatte in der Pfarrkirche von Hofstetten. Später wohnte der
Würzburgische Förster auf dem Schönrain, bis das Schönrainer Forstamt
nach Massenbuch verlegt wurde (1818), von da an war das Haus Schönrain
verlassen und den Unbilden des Wetters preisgegeben. Von den Bauern der
umliegenden Dörfer wurde Schönrain lange Zeit als Steinbruch benützt. So
findet man heute noch in den Bauernhöfen von Hofstetten, Halsbach und
Massenbuch Bögen des Kreuzganges und steinerne Rohre der Wasserleitung.
An das Kloster Schönrain erinnert auch die Waldabteilung „Hoffeld“, die
auf dem Wege nach Massenbuch liegt. Der dort befindliche hohe
Fichtenstand war also, wie der Name sagt, ehemaliges zum Kloster
gehöriges Ackerland. Dasselbe wurde unter die ehedem klostereigenen
Dörfer Hofstetten, Halsbach und Massenbuch aufgeteilt und aufgeforstet.
Weitere Informationen finden Sie auch auf der Website:
http://www.schoenrain.de